Allgemeines und Grundbegriffe
Einzelne Skelett-Muskeln lassen sich am Körper gut abgrenzen. In der Funktion ist dieses jedoch nicht der Fall. Selbst bei einfachen Bewegungen sind ganze Muskelgruppen beteiligt und das Zusammenwirken sehr komplex.
Aufbau der Muskulatur
Ansatz und Ursprung
Skelett-Muskeln haben meist 2 Anheftungspunkte. Der am weniger beweglichen Teil wird Ursprung (= Origo) genannt, der beweglichere Ansatz (Insertio). Im Allgemeinen beschreibt man weiterhin den Muskelbauch und die Verbindung zum Anheftungspunkt: die Sehne.
Muskeltypen: Fiederung, Köpfigkeit und Bäuchigkeit
Bilder: Die Fiederung der Muskeln beschreibt deren Faseranordnung:
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- 1, spindelförmige parallelfaserige Muskeln (z.B. Bizeps des Armes)
- 2, einfach gefiederte Muskeln
- 3, doppelt gefiederte Muskeln
- mehrfach gefiederte Muskeln (z.B. Musculus deltoideus)
Des Weiteren kann man die 'Köpfigkeit' der Muskeln unterscheiden. Der Bizepsmuskel an Arm und Bein hat je 2, der Trizepsmuskel 3, der Musculus Quadrizeps am Oberschenkel hat 4 Köpfe - daher die Namensgebung. Auch spricht man in Abhängigkeit der Zahl der Muskelbäuche von der 'Bäuchigkeit'. Die geraden Bauchmuskeln haben z.B. 4 Bäuche. Die Bäuche werden bei diesen Muskeln von sog. Zwischensehnen getrennt.
Hier noch einige Beispiel-Bilder:
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- gerader Bauchmuskel = mehrbäuchig
- Der Gastroknemius (Unterschenkelmuskel) gehört wie der Bizeps zu den zweiköpfigen Muskeln.
- Die kleinen Zehenbeuger der Fussohle sind einköpfige parallefaserige Muskeln.
- Der Trapeziusmuskel ist ein Flachmuskel.
- Der Vastus medialis am Oberschenkel ist doppelseitig gefiedert.
- Der M. Digastricus (Hals) ist zweibäuchig und parallelfaserig
Quergestreifte und glatte Muskeln
quergestreifte Skelett-Muskulatur
Bei der Skelettmuskulatur bezeichnet man die Muskelzelle als Muskelfaser. Die Muskelzellen sind regelmäßig angeordnet. Die Muskelkontraktion ist willkürlich steuerbar.
quergestreifte Herz-Muskulatur
Die Herzmuskulatur ist zwar auch quergestreift, unterscheidet sich aber von der Skelettmuskulatur u.a. in folgenden Punkten.
Der Herzmuskel ist ein Verband von unregelmäßig angeordneten Muskelzellen. Einzelne Muskelfasern lassen sich nicht differenzieren da die Zellen verzweigt sind. Die Kontraktion ist unwillkürlich und rhythmisch.
Glatte Muskulatur
Glatte Muskelzellen, denen die Querstreifung fehlt, gehören zu der Muskulatur der Organe (Magen, Darm, Gebärmutter, Prostata, M. errector pili der Haut,…). Die Zellen sind spindelförmig, kontrahieren sich unwillkürlich und langsam. Sie sind deutlich schmaler als die Zellen der quergestreiften Muskulatur
Aufbau der Muskelfaser

Bild: Bis zur Myofibrille aufgespaltene Muskulatur.
- Muskelfaserbündel
- Muskelfaser = Muskelzelle
- Myofibrillen
Die Muskelfasern sind die Elemente, die das Zusammenziehen der Muskeln gewährleisten. Ein Muskelfaserbündel besteht aus bis zu 50 dieser Muskelfasern.
Bilder: Hier sehen Sie mikroskopisch 3 Muskelfasern im Querschnitt und 2 im Längsschnitt. Die dunkelroten randständigen Pünktchen sind die Zellkerne der Muskelzellen. Das 3. Bild zeigt die Querstreifung der Muskulatur vergrößert.

Myofibrillen
Die Myofibrillen sind längs in der Muskelzelle angeordnete Strukturen / Fibrillen, die mit dem Lichtmikroskop der Muskeln sichtbar sind. Die Myofilbrillen sehen Sie oben in Form von vielen kleinen Punkten im Querschnitt der Muskelzellen.
Myofilamente
Die Kontraktion der Muskeln läuft auf molekularer Ebene in den Myofilamenten ab. Diese sind nur mit dem Elektronenmikroskop sichtbar und bestehen aus den Molekülen Aktin, Myosin und Tropomyosin. Durch die regelmäßige Anordnung dieser kontraktilen Moleküle entsteht die typische Querstreifung der Skelett-Muskeln. Die kleinste kontraktile Einheit in den Myofilamenten heißt Sarkomer.
Bild: Das vereinfacht dargestellte Sarkomer in entspanntem Zustand und in Kontraktion. Blau entspricht den Aktin-, grün den Myosin-Molekülen.

Hilfseinrichtungen der Muskeln und Sehnen
Zu den sog. Hilfseinrichtungen gehören die Faszien, Sehnenscheiden, Schleimbeutel und Sesambeine, die alle wichtige mechanische Aufgaben erfüllen.
- Faszien sind die derben Bindegewebshüllen der Muskeln. Sie grenzen Muskeln oder Muskelgruppen voneinander ab und ermöglichen die Verschieblichkeit gegeneinander. Faszien dienen aber oft auch als Ursprungsfläche.
- Sehnenscheiden sind gedoppelte Schläuche aus Bindegewebe. Im Gleitspalt zwischen den Sehnenscheidenblättern ist die Synovia, eine Schmierflüssigkeit, enthalten. Sehnenscheiden sichern eine reibungsarme Kraftübertragung vom Muskel auf die Sehnen-Ansätze.
- Schleimbeutel sind Beutelchen, die Schmierflüssigkeit enthalten. Schleimbeutel sitzen typischer Weise an Knochenvorsprüngen um hier die Reibung zu reduzieren und eine bessere Druckverteilung zu gewährleisten.
- Sesambeine befinden sich an Sehnen, die unmittelbar am Knochen gleiten. Sie verbessern den Drehmoment, wodurch die betreffenden Muskeln mehr Kraft entfalten können. Das größte Sesambein ist die Kniescheibe.
Mechanik der Muskulatur


Einer der wichtigsten Aspekte der Mechanik der Muskeln ist die Richtung des Muskelzuges und der Hebelarm.
- Hier liegt der Muskelzug und der Muskel in einer Ebene. Die Richtung der Kraftentfaltung ist mit einem Pfeil dargestellt. Der Hebelarm ist eine Linie die Senkrecht zur hier abgebildeten Muskulatur bis zur Gelenk-Mitte verläuft. Je größer der Hebelarm, desto besser ist die Kraftentfaltung der Muskeln.
- Oft wird die Zugrichtung von Muskeln über ein sog. Hypomochlion (Umlenkpunkte: z.B. Sesambeine, Ringbänder der Finger) umgelenkt. Dadurch wird die Zugrichtung (Pfeil) verlagert.
- Hier ein Beispiel für mehrere Umlenkpunkte. Ähnlich ist die Beziehung der Ringbänder und der Beugesehnen an der Hand.
Synergisten - Antagonisten
Synergisten und Antagonisten sind sog. funktionelle Gruppen:
- Muskeln, die bei einer bestimmten Bewegung zusammenarbeiten werden Synergisten genannt.
- Antagonisten sind die Gegenspieler.
Bild links: Die Beugung am Ellenbogen wird vorwiegend von der Bizeps-Muskulatur und dem darunterliegenden M. Brachialis (auf dem Bild nicht sichtbar) durchgeführt. Die beiden genannten Muskeln sind Synergisten.
Bild rechts: Der Antagonist M. Trizeps ist hier zwar nicht sichtbar, aber er ist überwiegend zuständig für die Streckung im Ellenbogengelenk. Der sichtbare Bizeps ist hier gedehnt.
Tonus / Spannung
Der Tonus der Muskulatur beschreibt deren Spannungszustand. Auch in Ruhe haben Skelett-Muskeln einen Grundtonus (Reflextonus), der insbesondere bei Haltemuskeln (Rücken- und Halsmuskulatur) von großer Bedeutung ist. Den ohne eine Grundspannung wäre der gerade Stand nicht möglich. Der Grundtonus ist unwillkürlich (durch Reflexe gesteuert) und verursacht keine Verkürzung der Muskeln - es sind auch keine Zuckungen vorhanden.
Bei den glatten Muskeln der Gefäße dient die Spannung nicht nur der Regulation der Blutzufuhr, sondern auch der Körpertemperatur. Bei Kälte erhöht sich der Tonus, die Gefäße werden an den Körperenden (Akren), also Füßen, Händen, Nasen eng. Somit wird die Wärmeabgabe geringgehalten. Bei Wärme entspannen sich die Muskeln der Gefäße, d.h. sie erweitern sich und es wird Körperwärme abgegeben.
Atrophie und Hypertrophie der Muskeln
Der Ab- und Aufbau der Muskeln ist ein ständiger dynamischer Prozess. Werden Muskeln nicht benutzt, so kommt es zur Atrophie (Muskelschwund). Man spricht auch von der Inaktivitätsatrophie. Das Volumen und somit die Kraftentfaltung reduziert sich. Schon bei einer mehrwöchigen Gipsruhigstellung kann man eine Inaktivitätsatrophie der betreffenden Muskeln beobachten. Extreme Atrophien treten bei kompletten Lähmungen auf, da hier keine Impulsweiterleitung mehr von den motorischen Nervenzellen an die Muskulatur erfolgt.
Bei starker Aktivität ist ein Zuwachs also eine Hypertrophie zu verzeichnen. Die Muskeln gewinnen an Volumen. Ihre Kraftentfaltung wird erhöht. Man spricht von der Aktivitätshypertrophie. Die Extremform des Muskelaufbaus kann man bei Bodybuildern beobachten, deren letztliches Ziel eine abgestimmte Muskelhypertrophie ist. Diese wird insbesondere durch ein Training mit der maximalen Muskelkraft erreicht.


http://www.iatrum.de/muskeln-des-menschen.html